Unendlich geduldig: Wie KI gegen Verschwörungstheorien hilft

Die Verbreitung von Verschwörungstheorien ist ein Phänomen, das immer wieder in Krisenzeiten auftritt. Ob es sich um den 11. September, die Corona-Pandemie oder jüngste Anschläge handelt – Verschwörungstheorien blühen in Zeiten der Unsicherheit. Forscher der MIT Sloan School of Management haben nun untersucht, wie Künstliche Intelligenz (KI) helfen kann, diese Theorien zu entkräften. Die Ergebnisse sind vielversprechend und werfen gleichzeitig ethische Fragen auf.

Die Untersuchung: KI im Dialog mit Verschwörungstheoretikern

In einer Studie wurden rund 2.000 Teilnehmer, die an Verschwörungstheorien glaubten, gebeten, ihre Überzeugungen zu beschreiben. Anschließend führten sie Gespräche mit ChatGPT, einer KI, die speziell für diesen Zweck programmiert wurde. Die Gespräche dauerten durchschnittlich acht Minuten. Danach bewerteten die Teilnehmer, wie stark sie weiterhin an ihre Theorien glaubten, auf einer Skala von 0 bis 100.

Der Effekt des Gesprächs

Die Ergebnisse waren beeindruckend: Der Glaube an die Verschwörungstheorien sank im Schnitt um 20 Prozent. Bei einem Viertel der Teilnehmer führte das Gespräch sogar zu einem vollständigen Zweifel an ihren Überzeugungen. Besonders bemerkenswert war, dass dieser Effekt auch zwei Monate nach dem Gespräch anhielt.

Eine Folgestudie untersuchte, ob der Ton, den die KI anschlägt, einen Unterschied macht. Die KI wurde in drei Varianten getestet: freundlich, unfreundlich und faktenbasiert ohne Emotionen. Es stellte sich heraus, dass die unfreundliche KI am wenigsten effektiv war. Am wenigsten überzeugend war jedoch die Variante, die ohne Fakten argumentierte. Dies widerspricht der bisherigen Annahme, dass Fakten allein nicht ausreichen, um Verschwörungstheorien zu entkräften.

Fakten und Respekt

Diese Ergebnisse legen nahe, dass Menschen ihre Meinung durchaus ändern können, wenn sie mit neuen Fakten konfrontiert werden – vorausgesetzt, diese werden respektvoll vermittelt. Dies widerspricht dem sogenannten „Backfire-Effekt“, der besagt, dass Menschen bei Widerspruch noch stärker an ihren Überzeugungen festhalten.

Ein entscheidender Vorteil der KI ist ihre unendliche Geduld und ihre Fähigkeit, präzise auf jedes Argument einzugehen, ohne emotional zu reagieren. Zudem wird Künstlicher Intelligenz eine gewisse Autorität zugeschrieben, was besonders bei sozial stigmatisierten Gruppen, wie Verschwörungstheoretikern, gut ankommt. Diese fühlen sich von der Maschine ernst genommen und sind daher eher bereit, ihre Überzeugungen zu hinterfragen.

Unterscheidung zwischen realen und fiktiven Verschwörungen

Interessanterweise zeigte die Studie auch, dass die KI den Glauben an historisch belegte Verschwörungen nicht verringern konnte. Teilnehmer, die beispielsweise an das MK Ultra-Programm der CIA glaubten – ein tatsächlich stattgefundenes Programm zur Gedankenkontrolle – änderten ihre Meinung nicht. Dies zeigt, dass die KI in der Lage war, zwischen realen und fiktiven Verschwörungen zu unterscheiden.

Ethische Überlegungen

Die Fähigkeit der KI, Menschen zu überzeugen, wirft auch ethische Fragen auf. Wenn KI so erfolgreich Menschen überzeugen kann, könnte sie auch manipulativ eingesetzt werden. Beispielsweise könnten KIs für „Social Engineering“ genutzt werden, um Menschen zu beeinflussen und sensible Informationen zu erlangen. Auch in der Werbung und politischen Kommunikation könnten solche Systeme eine fragwürdige Rolle spielen.

Es ist klar, dass Künstliche Intelligenz allein die Welt nicht aus dem postfaktischen Zeitalter führen kann. Dennoch bietet sie vielversprechende Ansätze, um den Glauben an Verschwörungstheorien zu mindern. Die Herausforderung besteht darin, diese Technologie verantwortungsvoll und ethisch korrekt einzusetzen.

Fazit

Die Studienergebnisse zeigen, dass Künstliche Intelligenz eine effektive Methode sein kann, um den Glauben an Verschwörungstheorien zu reduzieren. Durch ihre Geduld und Neutralität kann sie respektvoll Fakten vermitteln und so Skepsis erzeugen. Gleichzeitig muss jedoch darauf geachtet werden, dass diese Technologie nicht missbraucht wird.

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Quelle: https://www.br.de/nachrichten/netzwelt/unendlich-geduldig-wie-ki-gegen-verschwoerungstheorien-hilft,UQ7utJe

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