In der ländlichen Region des Odenwalds rollt eine kleine Revolution an: Künstliche Intelligenz (KI) soll helfen, den Lieferverkehr effizienter zu gestalten und Leerfahrten zu vermeiden. Was zunächst wie ein ambitioniertes Experiment klingt, könnte sich als Modell für viele Regionen erweisen. Eine neue Logistikplattform namens „Garantiert geliefert“ zeigt, wie KI die Nutzung von Transportkapazitäten optimieren und gleichzeitig CO₂-Emissionen senken kann.

Eine smarte Lösung für ein altes Problem
Der Transport von Waren im ländlichen Raum ist oft ineffizient. Viele Fahrzeuge sind nur teilweise ausgelastet oder fahren leer zurück. Laut Projektreferent René Karg sind in der Region 56 Prozent der gewerblichen Fahrten Leerfahrten – eine erschreckende Zahl. Die Idee hinter „Garantiert geliefert“ ist einfach: Eine KI-gestützte Plattform erfasst freie Ladeflächen bei registrierten Unternehmen und ermöglicht es anderen Firmen, diese Kapazitäten zu buchen.
Das spart nicht nur Kosten, sondern schont auch die Umwelt. Die Rats-Apotheke in Michelstadt nutzt beispielsweise ein Elektroauto, um Medikamente auszuliefern. Dank der Plattform kann Apothekerin Christine Walther nun auch Nudeln eines lokalen Herstellers transportieren. So werden Ressourcen effizienter genutzt, ohne dass zusätzliche Fahrten nötig sind.
Die Vorteile der KI-gestützten Logistikplattform liegen auf der Hand. Unternehmen sparen Geld, weil sie sich die Transportkosten teilen können. Für den lokalen Nudelhersteller bedeutet das eine Reduzierung der Lieferkosten um 50 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Paketdiensten. Zudem ist die Ware schneller beim Kunden, da sie nicht erst in entfernte Paketzentren transportiert werden muss.
Auch aus ökologischer Sicht ist das Modell vielversprechend. Weniger Fahrten bedeuten weniger CO₂-Emissionen – ein entscheidender Faktor im Kampf gegen den Klimawandel. Gerade in ländlichen Regionen, wo Lieferwege oft länger sind, kann die Optimierung des Transportwesens große Auswirkungen haben.
Die Rolle der Künstlichen Intelligenz
KI spielt bei diesem Projekt eine Schlüsselrolle. Die Software analysiert in Echtzeit die verfügbaren Ladeflächen und optimiert die Routenplanung. Dadurch wird sichergestellt, dass die Fahrzeuge möglichst effizient ausgelastet sind. Besonders für kleine Unternehmen, die sich keinen eigenen Fuhrpark leisten können, bietet die Plattform eine attraktive Alternative.
Doch der Einsatz von KI ist nicht ohne Herausforderungen. Die Rechenzentren, die solche Plattformen betreiben, verbrauchen große Mengen an Energie. Allein im Rhein-Main-Gebiet, wo sich viele Rechenzentren befinden, ist der Stromverbrauch in den letzten Jahren drastisch gestiegen. Während 2010 noch 2,7 Milliarden Kilowattstunden verbraucht wurden, lag der Wert 2021 bereits bei 4,9 Milliarden – Tendenz steigend.
CO₂-Einsparungen vs. Energieverbrauch der Rechenzentren
Hier stellt sich die Frage: Wie nachhaltig ist KI wirklich? Zwar hilft die Plattform, Emissionen im Straßenverkehr zu reduzieren, doch gleichzeitig verbrauchen die notwendigen Server große Mengen an Strom. Generative KI, die etwa für die Verarbeitung von Daten genutzt wird, benötigt pro Anfrage bis zu zehnmal mehr Energie als eine einfache Google-Suche.
Das deutsche Energieeffizienzgesetz sieht vor, dass Rechenzentren ab 2027 zumindest auf dem Papier klimaneutral sein müssen. Ob das ausreicht, bleibt abzuwarten. Dennoch zeigt das Projekt im Odenwald, dass der Einsatz von KI in der Logistik ein enormes Potenzial zur CO₂-Reduktion bietet.
Ein Modell für die Zukunft?
Das Odenwälder Pilotprojekt könnte als Vorbild für andere ländliche Regionen dienen. Laut dem Kraftfahrtbundesamt sind fast 40 Prozent der Lieferfahrten in Deutschland Leerfahrten. Würde das Konzept von „Garantiert geliefert“ bundesweit ausgerollt, könnten erhebliche Mengen an CO₂ eingespart werden.
Derzeit befindet sich das Projekt noch in der Testphase, die bis Ende März läuft. Bislang beteiligen sich 20 Unternehmen, bis zum Ende der Testphase sollen es 54 sein. Das Hessische Digitalministerium fördert das Projekt mit 1,2 Millionen Euro. Sollte sich die Plattform bewähren, wird sie von der LaLoG LandLogistik GmbH übernommen.
Die Kombination aus Künstlicher Intelligenz und smarter Logistik bietet eine vielversprechende Lösung für den ländlichen Raum. Weniger Leerfahrten bedeuten weniger Emissionen, niedrigere Kosten und eine effizientere Nutzung von Ressourcen.
Gleichzeitig bleibt die Frage offen, wie nachhaltig KI langfristig ist. Der steigende Energieverbrauch der Rechenzentren könnte den positiven Effekt teilweise wieder zunichtemachen. Doch mit neuen Technologien und strengeren Umweltauflagen könnten diese Probleme in Zukunft minimiert werden.
Für den Odenwald ist „Garantiert geliefert“ ein spannendes Experiment mit großem Potenzial. Sollte sich das Modell bewähren, könnte es den Weg für eine nachhaltigere und effizientere Logistik in Deutschland ebnen.
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